Start Orte und Ortsfamilienbücher Oberamt Karlsruhe Rüppurr (KA) evangelische Kirche

 evangelische Kirche in Rüppurr (c) 2012 Michael Niederle

 

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Liebes Kirchlein an der Straßen,
Wer dich einsam hier erbaut,
Hat in Sehnsucht ohne Maßen,
Hat, wie ich, hinausgeschaut

 

So beginnt das Lied, mit dem der Lyriker Max von Schenkendorf (* 11.11.1783 in Tilsit † 11.12.1817 in Koblenz) 1813 die "kleine Rüppurrer Kirche" besang.

 

Erbaut wurde sie in den Jahren 1774 - 1776 von Johann Friedrich Weyhing (* 1716 in Stuttgart † 1781), von dem auch die Mühlburger Karl-Friedrich-Gedächtniskirche erbaut wurde.

 

Idyllisch an einer Biegung der Alb gelegen ist die "kleine Rüppurrer Kirche" der einzige Kirchenbau auf Karlsruher Gemarkung, der in die Zeit des Rokoko (ca. 1730 - 1780) fällt. Es sind aber mindestens zwei frühere Vorgängerbauten bekannt, von denen noch heute Fragmente im heutigen Kirchenbau erhalten sind. So steht der heutige Turm auf dem Fundament des Vorgängerturms von 1699. Im Inneren der Kirche befindet sich neben einem etwa 300 Jahre alten Taufstein, das Herzgrab des 1533 verstorbenen Reinhard II. von Rippur, der 1503 - 1523 Fürstbischof von Worms war.

 

Angeblich soll ein Vorgängerbau der kleinen Rüppurrer Kirche im Jahre 1351 als St. Nikolauskapelle in einem Vertrag des Kloster Lichtental erstmalig urkundlich erwähnt worden sein, in dem das Kloster von Instandhaltungsmaßnahmen befreit wurde. Das kann man zumindest bezweifeln, denn es ist sicher, dass das Kloster Herrenalb im Besitz von mindestens dem halben Dorf Rüppurr war. Obwohl die Mutterkirche in Ettlingen dem Kloster Lichtental gehörte, ist zu vermuten, dass die Kirche in Rüppurr dem Kloster Herrenalb unterstand.

 

Kirchlich gesehen, war Rüppurr lange Jahre eine Filiale von Ettlingen. Wann es in Rüppurr zu einem eigenen Gottesdienst kam, ist unbekannt.

 

Ob Rüppurr bereits 1550 einen lutherischen Pfarrer anstellte, wie es die Chroniken berichten, konnte bisher nicht abschließend geklärt werden. Markgraf Karl II. (*24.07.1529 in Pforzheim †23.03.1577 in Durlach) führte zwar erst zum 01.06.1556 durch den Erlass einer neuen Kirchenordnung in der Markgrafschaft Baden die Reformation im Sinne Martin Luthers (*10.11.1483 in Eisleben †18.02.1546 Eisleben) ein, tolerierte aber bereits 1527 die Ehe seines Hof-Predigers Hans Unger († 1553) und ließ beim hl. Abendmahl die lutherischen Regeln zu.

 

1565 wurde Rüppurr Filiale der neu gegründeten Pfarrei Wolfartsweier. Wegen des gemeinsamen Friedhofs bestanden aber weiterhin enge Beziehungen zu Ettlingen. Nach Erlöschen der lutherischen Pfarrei in Ettlingen 1573 wurde Rüppurr eigenständige Pfarrei mit dem Filial Wolfartsweier. 1593 war wiederum Wolfartsweier Pfarrei und Rüppurr Filiale.

 

Spätestens 1668 war Rüppurr wieder eigenständige Pfarrei mit dem Filial Wolfartsweier, das 1782 Filial von Durlach wurde.

 

Lebten 1700 lediglich 140 Einwohner in Rüppurr, waren es 1798 bereits 519 Einwohner und  1850 dann 1251, von denen nur 18 Katholiken waren. In der kleinen Rüppurrer Kirche musste man immer enger zusammen rücken.

 

Ein möglichst zentral gelegener Neubau sollte für die stark angewachsene, hauptsächlich aus Arbeitern bestehende, Gemeinde errichtet werden. Der langjährige Pfarrer, Lebrecht Mayer (* 10.07.1849  † 21.11.1926, begraben in Rüppurr) setzte sich sehr für den Neubau ein und wurde dabei von Dekan Philipp Roth unterstützt. 1907 war es dann soweit. Nach der von Rüppurr betriebenen Eingemeindung zu Karlsruhe wurde 1907 der dritte Entwurf des Baurat Rudolf Burckhardt (1851-1914) realisiert. Der Grundriss basierte auf einem gedrungenen Kreuz. Standort sollte der Ende des 16. Jahrhunderts angelegte Friedhof werden.

 

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Zur feierlichen Einweihung kamen auch der letzte badische Großherzog,  Friedrich II (* 09.07.1857 in Karlsruhe † 09.08.1928 in Badenweiler) und seine Frau Hilda Charlotte Wilhelmine von Nassau (* 05.11.1864 in Biebrich bei Wiesbaden † 08.02.1952 in Badenweiler). Friedrichs Mutter, Luise von Preußen (* 3. Dezember 1838 in Berlin; † 23. April 1923 in Baden-Baden) hatte Altar- Kanzel- und Taufsteinbekleidung gestiftet.

 

Pfarrer Lebrecht Mayer hatte seine Gemeinde als "religiös indifferent und von sozialdemokratischem Geiste ganz durchdrungen" bezeichnet. 
 

 

Eine ungewöhnlich Anordnung von monumentalen Glasmalereien sollte dem begegnen: Neben Personen aus altem und neuen Testament, der Reformation, der Rüppurrer und der badischen Geschichte finden finden wir auch Großherzog Friedrich I., Fürst Bismarck und Kaiser Wilhelm I.

 

Großherzog, Reichskanzler und Kaiser waren Sinnbild  für die konservative und deutschnationale Politik, die Verbindung von "Altar und Thron", und sollten der, die Sozialdemokraten wählenden, Rüppurrer Arbeiterschaft eindrücklich vor Augen geführt werden. [Publikation des Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart anlässlich des "Tag des offenen Denkmals" 2003]

 

Karl Friedrich II.

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 Bismarck

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    Philipp Melanchton

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   Paul Gerhardt

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   Ritter Rüppurr

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   Max von Schenkendorf

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