Start Badische Geschichte Historische Krankheiten

Manchmal werden in den badischen Kirchenbüchern Krankheiten als Todesursache genannt, die heute nicht mehr geläufig sind. Auf diese soll hier kurz eingegangen und Erläuterungen aus historischen Lexika aufgeführt werden.

 

Auszehrung oder Abzehrung

historischer Begriff für eine lebensbedrohende Abmagerung mit unterschiedlichen Ursachen, oft Tuberkulose oder Krebs. 1805 beschreibt Friedrich Wilhelm von Hoven im Handbuch der praktischen Heilkunde, Band 2, Verlag Johann Daniel Claß, 1805, S.181 die Auszehrung als eine Form der Abmagerung, "... bei der keine, wenigsten keine offenbare Verletzung der Organisation zugegen ist ..."


(Schwindsucht, Zehrkrankheit); darunter versteht man jene chronischen Krankheiten, deren wesentlicher Moment aus inneren Ursachen gehinderte Ernährung ist, und welche so durch stetig fortschreitende Abmagerung und Entkräftung des Körpers zum Tode führen. Nach ihrer Entstehung zerfallen die Zehrkrankheiten in 2 Hauptklassen: 1. solche, bei denen der Verbrauch an Stoff und Kraft größer ist, als die gewöhnliche Ernährung zu ersetzen vermag (Phtisis); 2. solche, bei denen wegen Erkrankung eines wichtigen Organs die Ernährung den nöthigen Ersatz auch bei gewöhnlichem, naturgemäßem Verbrauch, nicht mehr leisten kann (trockene Schwindsucht, [351] Tabes, Atrophia). Die nächste Ursache der gestörten Ernährung ist in der Regel eine innere schleichende Entzündung mit ihren Ausgängen in Tuberkel, Krebs, Erweichung, Eiterung, Schleimflüsse, und die A. daher Ausgangskrankheit anderer sehr mannigfacher Krankheitszustände. Nach dem Sitze des Grundübels unterscheidet man Brust-, Hals-, Bauch-, Schwindsuchten der Harn- und Geschlechtsorgane, Nervenschwindsuchten u. endlich solche von äußeren Theilen ausgehend, wie von Eiterung der Muskeln und Knochen, von lange gestörter Hautthätigkeit.“

(Quelle:  Herders Conversations-Lexikon 1. Auflage 1854–1857)

 

Blauer Husten (Keuchhusten)

 

Blauer Husten ist ein historischer Begriff  für Keuchhusten, einer hochansteckenden durch Bakterien  verursachte Infektionskrankheit. Bei Säuglingen können die Hustenattacken zu Atemstillstand führen und damit lebensbedrohend sein.

„Stickhuften, blauer Husten, Eselshusten wird eine fast immer nur Kinder, höchst selten Erwachsene befallende Krankheit genannt, die man erst seit Anfang des 15. Jahrh. näher kennen gelernt hat und in periodisch, jedoch zu unbestimmten Zeiten wiederkehrenden, durch ganz freie Zwischenräume unterbrochenen, krampfhaften Hustenanfällen besteht, die mit einem sehr gezogenen Einathmen, welches einen dem Eselsgeschrei ähnlichen Ton verursacht, zu beginnen und meist mit Erbrechen zu endigen pflegen. Die Krankheit fängt ganz wie ein gewöhnlicher Katarrh (s.d.) mit einem trockenen, helltönenden Hustenf an, der besonders gegen Abend zunimmt, von einem leichten Fieber begleitet wird und in dieser Art 3–4 Tage dauert, oft aber auch Wochen lang anhält.“
(Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838)

 

Brand im Unterleib (durch Verkühlung)

 

 

Engbrüstigkeit
 

„Engbrüstigkeit, eine Krankheit, während welcher die Gleichmäßigkeit des Athmens gestört, dasselbe geschwächt oder beengt wird, und die ihren Ursprung vorzugsweise von Verwachsungen der Lunge, gekrümmtem Sitzen in der Jugend, Vollblütigkeit, Hypochondrie, Verschleimung etc. herleitet. Eine Hauptregel, diesem, sich so verschiedenartig äußernden Uebel zu begegnen, ist namentlich für das weibliche Geschlecht die Beförderung des Athmungsprozesses in den Lungen, d. h. so viel als nur immer möglich in reiner, atmosphärischer Luft zu athmen, so wie es nicht minder wichtig ist, bei Mädchen, die noch im Wachsen begriffen sind, alle beengenden Kleidungsstücke zu vermeiden und sie endlich zu mehr körperlicher Anstrengung zu veranlassen, als dieß in der Regel der Fall ist.“
(Quelle: Damen Conversations Lexikon - Neusatz und Faksimile der 10-bändigen Ausgabe Leipzig 1834 bis 1838.)

 

Gallenfieber

Gallenfieber, eine hauptsächlich auf fehlerhafter Gallenabsonderung beruhende Krankheit, die, wie alle Fieber, mit Frösteln, Hitze, Gefühl von Mattigkeit u.s.w. beginnt, sich indeß hauptsächlich durch äußerst heftigen Kopfschmerz, Mangel an Eßlust, bitteres Aufstoßen, bittern Geschmack im Munde, Übelkeiten, Erbrechen galliger Stoffe, Störungen des Stuhlganges, bald Verstopfung, bald Durchfall, gelbliche Färbung der Haut, sowie des Weißen im Auge, im Anfange oft noch reine, später gelblich oder bräunlich belegte Zunge, großen Durst, besonders Verlangen nach kühlenden, säuerlichen Getränken, dunkelgelben Urin, Druck, Gefühl von Vollsein und Spannung in der Leber und Magengegend u.s.w. kund gibt. Die Krankheit entscheidet sich gewöhnlich binnen 4–14 Tagen durch gallige Ausleerungen nach oben oder unten, Veränderung des Urins, reichliche, oft sehr stark riechende und die Wäsche gelb färbende Schweiße, Entwickelung eines Ausschlages um den Mund, Eintritt eines ruhigen Schlafes, wobei die Zunge nach und nach rein wird, Eßlust und Verdauungskraft täglich zunehmen und die fieberhaften Bewegungen sich ganz verlieren. Das Gallenfieber ist immer [138] eine nicht unbedeutende Krankheit, die zwar meistens in kurzer Zeit mit Genesung endet, mitunter aber doch auch üble Nachkrankheiten zur Folge hat, so z.B. zuweilen in Gehirn- oder Leberentzündung ausartet und dann leicht tödtlich wird.“

(Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838)

 

Gichter

verschiedene meist krampfhafte Krankheitserscheinungen bei Kindern, deren Ursachen sehr verschieden sein können: acuter Wasserkopf, Zahnentwickelung, aber auch Darmreize (heftige Diarrhöe, Würmer), Scharlach, Masern, Harnverhaltung, Lungenentzündung etc.“

(Quelle: Pierer's Universal-Lexikon 4. Auflage 1857–1865

 

Lungensucht (Lungenschwindsucht, Phthisis pulmonalis)

 

Tuberkulose (TBC), Morbus Koch oder umgangssprachlich „die Motten“ ist die weltweit am weitest verbreitete tödliche Infektionskrankheit. Sie wird durch Bakterien verursacht und durch Tröpfcheninfektion verbreitet. In der Regel wird die Lunge befallen.

„auszehrende Krankheit der Lungen meist mit Zerstörung des Gewebes durch Vereiterung, wie bei der eigentlichen L. (Tuberkelsucht der Lungen, Tuberculosis pulmonum). In Berücksichtigung des Auswurfes bei der L. unterschied man 

a) die eiterige L. (Pthisis pulm. purulenta s. ulcerosa), wo reiner Eiter ausgehustet wird, wie bei eiterig zerfließenden Lungenentzündungen, bei Lungenabscessen nach Eitervergiftung des Blutes, bei Eiteransammlungen im Brustfellsacke, welche sich nach der Luftröhrenverzweigung hin entleeren, bei manchen Tuberkulosen;
b) Schleimschwindsucht der Lungen (Phth. pulm. pituitosa), mit reichlicher Entleerung von Schleim unter hektischen Zufällen bes. bei den langsam verlaufenden Lungentuberkelsuchten älterer Personen; bloße chronische Lungenschleimflüsse führen selten zu Auszehrung;
c) die knotige L. (Phth. pulm. nodosa s. tuberculosa s. scrofulosa), wo der Kranke käsige, bröekliche Knötchen aushustete od. wo Tuberkelknoten in den Lungen sich nachweisen lassen; 

d) die galoppirende L. (Phth. pulm. florida), wo sich ziemlich rasch u. wenigstens zu Anfang ohne allen Auswurf bei häufigem trocknen Husten u. Fieberbewegung ein abzehrendes Lungenleiden ausbildet, namentlich bei jungen zartgebauten, sanguinischen Personen von lebhaftem Wachsthume, schmächtiger Statur, seiner Haut u. umschriebener Wangenröthe in acut verlaufenden Tuberkelbildungen bestehend. Oft aber liegen auch andere Krankheiten der Lunge, des Herzens od. des Rückenmarks zu Grunde.“
(Quelle:Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860)

 

Nervenfieber

 

Typhus, eine durch ein Bakterium verursachte Infektionskrankheit, die zu Fieber, Bauchkrämpfen und Verstopfung  führt.

nervöses Fieber, wird dasjenige Fieber genannt, das durch die Mitleidenschaft, in welche es die Centralorgane des Nervensystems, namentlich das Gehirn und Rückenmark, zieht, einen das Leben sehr gefährdenden Charakter an sich trägt. Spricht man von dem N. als einem specifischen Krankheitsprozeß, so ist darunter immer der Typhus, in der Regel typhus abdominalis, verstanden. Mit den Beiworten lenta versatilis zu febris nervosa bezeichneten die Aerzte der älteren Schule gewöhnlich noch den langsamen oder wechselnden Verlauf eines solchen Fiebers. Ein nervöses Fieber kann sich den Symptomen der verschiedensten Krankheiten beigesellen, ja die letzten Stunden des menschlichen Lebens lassen in der Regel das Bild dieses Zustandes sehen. Von einem bestimmten Verlauf kann unter solchen Umständen keine Rede sein. Anlangend die ärztliche Behandlung, so muß in erster Reihe diese von dem primären Leiden abhängig sein, und nur die Berücksichtigung der noch für den Verlauf der Krankheit nothwendigen Gesammtkräfte des Organismus kann im gegebenen Fall die Anwendung der flüchtigen Reizmittel der sog. nervina valeriana, serpentaria, Aether, Moschus, nothwendig machen. Immerhin werden aber das Chlor und die mineralischen Säuren zur Bewältigung der Gefäßaufregung nicht zu entbehrende Medicamente insbesondere im Anfang einer solchen Krankheit sein.“
(Quelle: Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4)

 

Schlagfluss,

wird ein Krankheitszustand genannt, der fast immer plötzlich eintritt, mit Aufhebung des Bewußtseins, der Empfindung und Bewegung verbunden ist, während Herz- und Pulsschlag, sowie die dem lebenden Körper eigenthümliche Wärme fortdauern, das Athemholen beschleunigt und schnarchend wird, und der entweder sehr bald oder nach wiederholten Anfällen tödtet oder Lähmungen einzelner Theile des Körpers zurückläßt.“
(Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841)

 

Steckfluß (Stickfluß)

(Catarrhus suffocativus), heftige, anhaltende, oft schnell tödtende Behinderung des äußerst ängstlichen, schnellen, pfeifenden, keuchenden od. rasselnden Athmens, bei kleinem, schnellem, seltener vollem u. weichem, später aussetzendem u. regellosem Pulse, starrem Blicke, Eingefallenheit, Blässe u. Kälte der Haut, kalten Schweißen, bald getrübtem Bewußtsein, wobei sich eine große Menge Schleim in den Luftwegen ansammelt, welcher nicht ausgeworfen werden kann u. Erstickung veranlaßt, erzeugt durch eine lähmungsartige Schwäche der Luftröhrenäste u. der Lungen; fast immer Folge anderer Krankheiten der Respirationsorgane, bes. der katarrhalischen, entzündlichen, vorzüglich bei Kindern u. Greisen, der Lungensucht etc. Gewöhnlich[718] folgt ein sanfter Tod. Die Behandlung besteht in Beförderung des Auswurfes, Expectoration u. in Hebung der Nervenkraft durch erregende, reizende Mittel.“
(Quelle: Pierer's Universal-Lexikon 4. Auflage 1857–1865)

 

Wassersucht


Eine nicht normale Ansammlung von Wasser im Körper, oft Folge einer Herzinsuffizienz.

 

„Der Verlauf der Wassersuchten ist nach der Entstehungsweise derselben verschieden. Sie können nämlich sowol in krankhaften Zuständen des Nerven- und Gefäßsystems als in Fehlern und Verbildungen der vorzugsweise der Ernährung dienenden Organe ihren Grund haben. Deshalb sind die Wassersuchten im Allgemeinen mehr Folgeübel anderer Krankheitszustände oder auch nur bloßes Symptom dieser als selbständige Krankheiten. Der nächste Grund aller Wassersuchten ist immer ein Misverhältniß zwischen Absonderung. und Aufsaugung. Die Wassersuchten verlaufen bald sehr rasch und können dann in wenigen Tagen einen tödtlichen Ausgang nehmen oder auch, ohne überhaupt von großer Bedeutung zu sein, in Genesung übergehen, bald aber und zwar meist wachen sie einen sehr langsamen Verlauf mit dann und wann eintretenden Verschlimmerungen und unbestimmtem Ausgange. Vorzugsweise ausgesetzt den verschiedenen Arten von Wassersucht sind das Kindes- und das höhere Lebensalter, weniger das mittlere, ferner das weibliche Geschlecht mehr als das männliche.“

(Quelle: Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon)