Der heutige Familienforscher muss sich mit einer Vielzahl von Gesetzen und rechtlichen Vorschriften befassen. Unter welchen Voraussetzungen erhält man Zugang zu familiengeschichtlichen Daten? Was ist mit der Speicherung und Veröffentlichung personenbezogener Daten zu beachten? Wie sieht es mit dem Urheberrecht aus? Und insbesondere dessen Paragraphen 87a und 87b? Welche Rechte haben die Erben? Was ist ein berechtigtes Interesse? Das sind nur einige Fragen, die sich der Genealoge oder Familienforscher fragen muss.
Gleich vorweg: Wir als Arbeitskreis für Familienforschung Baden-Durlach Unterland dürfen, noch wollen Rechtsberatung leisten. Wir können lediglich versuchen, die vorhandenen Gesetze zu erläutern und unsere Meinung dazu äußern.
Personenstandsregister werden in Preußen seit dem 01.10.1874 und im restlichen Reich seit dem 01.01.1876 von den Standesämtern geführt. Die Benutzung dieser Register und deren Einträge ist im Personenstandsgesetz (PStG) geregelt. Das ist für die Familienforschung eine ziemliche Hürde, denn §61 ff. besagt, dass innerhalb der Sperrfristen nur direkte Angehörige in gerader Linie Einsicht nehmen dürfen. Die Sperrfristen betragen für Ehen 80 Jahre, für Geburten 110 Jahre und für Sterbefälle 30 Jahre.
Für die Zeit vor 1876, bzw. 1874 stellen Kirchenbücher die amtliche Quelle für Personenstandsfälle dar.
Die evangelischen Landeskirchen haben eigene Archivgesetze erlassen. Hier sind die Sperrfristen 10 Jahre nach dem Tod, 90 – 100 (je nach Landeskirche) Jahre nach der Geburt, bzw. 60 Jahre nach Entstehung des Dokumentes. Außerhalb dieser Fristen ist die Einsichtnahme bei berechtigtem Interesse (dazu zählt auch die Familienforschung) in der Regel problemlos möglich, wenn auch teilweise nur in Mikroverfilmungen.
Bei katholischen Archiven ist die Einsicht in Register vor dem 01.01.1876 bei berechtigtem Interesse uneingeschränkt möglich. Für jüngere Kirchenbücher gelten Regeln, die dem PStG entsprechen. Archivgut, dass weniger als 40 Jahre zurückliegt, steht Dritten generell nicht zur Verfügung. Für bischöfliche Geheimakten ist diese Frist auf 60 Jahre verlängert.
Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) spielt entgegen vielfacher Meinung in der Familienforschung eine untergeordnete Rolle. Die Persönlichkeitsrechte enden mit dem Tod, so dass das BDSG bei bereits Verstorbenen keine Anwendung findet. Lediglich der Schutz der Menschenwürde gilt auch postmortal, so dass alle erniedrigende oder herabwürdigende Äußerungen für den Familienforscher tabu sind.
Auch für das Sammeln, Erfassen und Speichern personenbezogener Daten noch lebender Personen findet das BDSG keine Anwendung. §1 Abs. 2 regelt, dass diese Gesetzte keine Anwendung finden, wenn die Datenverarbeitung ausschließlich privaten oder familiären Zwecken dient.
Anwendung findet das BDSG erst dann, wenn die Daten weitergegeben oder veröffentlicht werden sollen, z. B. in einem Ortsfamilienbuch. Die Weitergabe personenbezogener Daten ist uneingeschränkt und ohne Einhaltung von Fristen möglich, wenn diese Personen bereits verstorben sind. Bei noch lebenden Personen ist die Weitergabe oder Veröffentlichung dieser Daten nur erlaubt, wenn eine schriftliche Einwilligung des oder der Betroffenen vorliegt oder die Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen. Als öffentlich zugängliche Quellen gelten die allgemeinen Kommunikationsmedien wie Presse, Fernsehen, Radio, Adressbücher, Telefonbücher, etc. Bei Veröffentlichungen im Internet sollte man vorsichtig sein. Nicht immer kann man davon ausgehen, dass Daten wirklich legal veröffentlicht wurden.
Im Zusammenhang von Familienforschung und Veröffentlichung deren Ergebnisse ist insbesondere das Urheberrecht (UrhG) zu beachten. In Deutschland wird durch das UrhG alles geschützt, was eine „individuelle geistige Schöpfung“ ist. Dazu ist es nicht notwendig, dass diese „Schöpfung“ mit einem Copyright Zeichen in irgend einer Form ausgestattet wird.
Selbst unbeabsichtigte Verstöße gegen Rechte des Urhebers oder von möglichen, mit Verwertungsrechten ausgestatteten Dritten können Ansprüche auf Beseitigung, Unterlassung und Schadenersatz nach sich ziehen sowie strafrechtliche Konsequenzen haben. Die wichtigsten urheberrechtlich geschützten Werke sind
- Schriftwerke (Bücher, Zeitschriften, Aufsätze, Briefe,…)
- Sprachwerke (Vorträge, Dissertationen, …)
- Musik
- Bildende Kunst (Gemälde, …)
- Fotos und Filme
- Pläne, Zeichnungen, Skizzen, …
- Computerprogramme und Datenbanken
In der Regel besteht das Urheberrecht bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Bei Fotos gelten 50 Jahre nach der ersten Veröffentlichung, bzw. 50 Jahre nach der Herstellung wenn das Bild nicht veröffentlicht wurde. Zudem ist zu beachten, dass Persönlichkeitsrechte (Recht am eigenen Bild) von auf Fotos abgebildeten Personen erst 10 Jahre nach deren Tod enden.
Generell ausgenommen vom Urheberrecht sind „amtliche Werke“. Dazu zählen Gesetze, Verordnungen und ähnliches. Diese müssen aber unverändert wiedergegeben werden. Dazu ist ein Verweis auf die ursprüngliche Quelle vorgeschrieben. Ausdrücklich nicht als „amtliche Werke“ gelten Findmittel aus Archiven. Diese sind somit nicht frei verwertbar. Wie meist gibt es keine Regel ohne Ausnahme. Unterliegen amtliche Werke grundsätzlich nicht dem Urheberrecht, gilt das nur solange bis sie z. B. als Gesetzessammlung im Internet veröffentlicht werden. Diese ist dann plötzlich durch §87a UrhG geschützt. Gleiches gilt für Bildsammlungen und ähnliches.
Es ist zulässig, den Inhalt urheberrechtlich geschützter Werke mit eigenen Worten wieder zu geben oder kurze Textpassagen zu zitieren. Zitate müssen allerdings als solche gekennzeichnet und Urheber sowie Quelle genannt werden.
„Gemeinfreie Werke“ dürfen beliebig genutzt werden. Gemeinfrei sind Werke für die der Urheberschutz bereits abgelaufen ist (spätestens 70 Jahre nach Tod des Urhebers) oder die von sich aus nicht geschützt werden können. Dazu gehören auch genealogische Daten von Personen wenn diese irgendwo , z. B. in einem Ortsfamilienbuch veröffentlicht wurden. Diese Daten sind kein geistiges Eigentum, weil sie nicht in irgend einer Form erfunden wurden sondern „in einschlägigen Quellen aufgefunden“. Auch das ändert sich mit einer Internetpublikation in Datenbankform. Dann greift auch hier plötzlich §87a UrhG.
Unter Ahnenforschern gebieten aber wissenschaftliche Fairness und der Respekt vor den Ergebnissen der Arbeit anderer Ahnenforscher die Nennung von Autor und Quelle.
Stellt sich noch die Frage wie mit Reproduktionen oder Digitalisaten aus kirchlichen oder stattlichen Archiven umzugehen ist. Die Archive haben in der Regel eine Benutzungsordnung, die eine Weitergabe von Daten an Dritte ohne ausdrückliche Genehmigung ausschließt. Aber selbst freigegeben Archivalien können durchaus Urheberrechte dritter verletzten. Besonders vorsichtig sollte der Familienforscher bei Bildern, Fotos, Landkarten und Manuskripten sein.
2012 - Michael Niederle
Literatur dazu:
Ahnenforschung - auf den Spuren der Vorfahren
(Verein für Computergenealogie e.V.)